TMTM's Texte und Gedichte (2)
Anitas Geschenk


 
Diese Geschichte ist genau so geschehen, wie ich sie hier erzähle. Sie berichtet eine Beziehung zwischen einem jungen Mädchen und einem Mann, vom Augenblick ihrer ersten Begegnung bis zu ihrem „ersten Mal”...

Es wahr eine sehr intensive und sehr zärtliche Beziehung, vom ersten bis zum letzten Augenblick, als Anita, so hieß das junge Mädchen, erkannte, dass trotz der großen Liebe, die sie für den Mann empfand, sie sein Leben nicht teilen wollte (es war ja auch ein sehr schwieriges Leben).

War es deswegen ein trauriges Ende ? Nicht im geringsten. Lange Zeit später hatten sie sich zufällig wieder getroffen. Er hatte sie wie früher in den Arm genommen, gestreichelt und liebkost. Doch sie sagte : „Nein, ich weiß doch, du liebst mich noch... und das möchte ich nicht ausnutzen.”

Gibt es eine schönere Art, „nein” zu sagen ?

Und noch eine Vorwarnung : Diese Geschichte könnte jemand, der es nicht besser weiß, in einigen Passagen insbesondere in den letzten, für Pornographie halten. Dies ist es aber nicht. Diese Geschichte möchte ich den männlichen Mitbürgern ans Herz legen, die oft viel zu ungeduldig sind und nur an das Eine denken, und das Andere darüber vergessen.

Und somit setze ich die Moral von der Geschichte nicht, wie sonst üblich, ans Ende, sondern an den Anfang : Mann O Mann, der du ein junges Mädchen in den Armen hältst, lass sie selbst entscheiden, wann und wie und sie zur Frau werden will. Du wirst es nicht bereuen !
 

Anitas Geschenk

Zu jener Zeit lebte ich, auf Nomadenart, in einem Campingcar. Nicht in so einem Pappkartonartigen pummeligen Plastikfahrzeug, das nach spätestens zwei Sommern schrottreif ist, und schon nach einem Jahr, wenn man versucht, es auch im Winter zu benutzen - sofern man das überhaupt überlebt ! Nein, diesen Wagen hatte ich selbst aus einem ehemaligen Tiefkühlwagen umgebaut, er war stabil und gut isoliert und, gleich ob im heißesten Sommer Südfrankreichs oder im eisigen Winter der Alpen, immer konnte ich im Innern eine angenehme Temperatur beibehalten, sei es durch Einschalten des Kühlaggregates, sei es durch eine selbsterfundene Heizungsanlage, die es ermöglichte, mit einer einzigen Gasflasche den ganzen Winter über durchzuhalten.

So reiste ich durch Frankreich und verkaufte auf Konzerten, Märkten, Demos, Fußballspielen, oder was auch immer sich an Menschenansammlungen bot, je nach Bedarf T-Shirts, Sandwiches, Platten, Getränke und anderen mehr oder weniger nützlichen Krimskrams.

Ende 1982 fand ich mich so auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt mit einem kleinen Verkaufsstand wieder... Ein riesiges Menschengetümmel, in dem eigentlich das Wort Markt und nicht das Wort Weihnacht großgeschrieben gehört.

Trotz der tausenden von Gesichtern, die da den ganzen Tag über vorbeiströmten, fiel mir plötzlich ein Mädchen auf, das eigentlich ganz unscheinbar aussah, aber das schon seit zwei Tagen immer und immer wieder vorbei kam, meinen Stand aus der Entfernung betrachtete, aber nie näherkam, um etwas zu kaufen oder auch nur ein paar Worte zu wechseln...

Ich ertappte mich dabei, dass ich sie mit einem Male gar nicht mehr so unscheinbar fand, und dass ich ihr Wiederkommen mit Ungeduld erwartete. Ließ sie an diesem Tage wirklich länger auf sich warten, oder kam mir nur die Zeit so lang vor ? Endlich war sie zu sehen... weiter entfernt als sonst... oder kam es mir nur so weit vor ? Und ich versteckte mich, hatte Angst, sie würde bemerken, daß ich sie bemerkt hatte und weglaufen. Ich ging hinter den Stand, wie um etwas zu suchen, aber stattdessen blieb ich in der Deckung der anderen Marktstände, bis ich unmittelbar vor ihr stand, ihre Hand ergriff und... nein, ich zog sie nicht hinter mir her, ich hatte eher den Eindruck, daß sie es war, die mich zu ihrem... äh... zu meinem... zu unserem Stand zog... Ich hatte kein Wort gesagt, nur gelächelt... zum Glück, denn da wäre wahrscheinlich ohnehin nur wirres Zeug herausgekommen... und sie hatte zurückgelächelt...

***

Es war ein offenes, lebensfrohes Lächeln und hatte nicht den verführerischen Beigeschmack, wie ich ihn so oft bei Frauen angetroffen hatte, die nur mal auf eine angenehme Nacht aus waren und vor denen ich so oft reißaus genommen hatte, ganz gleich, ob sie sich nun dafür hätten bezahlen lassen wollen oder nicht. Sie war einfach glücklich über die Nähe eines Menschen... und genauso schüchtern wie ich.

So brauchte es eine ganze Weile, bis wir dann schließlich doch begannen, einander kennen zu lernen. Sie hieß Anita, war 16 Jahre „alt” und allein... Bei ihren Eltern in Deutschland war die Hölle los, und sie hatte es einfach nicht mehr ertragen, diese heuchlerische Weihnachtsstimmlung von „Friede, Freude, Eierkuchen” zu Hause weiter mit zu machen. So hatte sie sich mit den Resten ihres Taschengeldes bis nach Straßburg durchgeschlagen, auf der Suche nach etwas, was es bei ihr zu Hause nicht gab, war in einem Squat untergekommen, wollte da aber nicht bleiben...

Ich sah sofort das Dilemma. Ich war doch fast doppelt so alt wie sie... Aber am Abend hatte sie mit ihrer menschlichen Wärme schon mein Einzelgängerherz umgekrempelt, und ebenso den von nun an „unseren” Verkaufsstand mit ihrem Ästhetikgefühl.... sie war einfach unentbehrlich geworden...

Am Abend begaben wir uns zu unserem Wagen. Ich machte etwas zu essen, und fing dann an, ihr aus Holzplatten und anderem Material ein zweites Bett zu bauen. Sie war sichtlich überrascht, legte sich aber doch brav in ihr Bettchen, das ich ihr auch mit der weichsten Matratze und den schönsten Bettdecken zubereitet hatte. So lagen wir beide in getrennten Betten und doch dicht beieinander, denn wir hatten nicht viel Platz. Ich nahm ihre Hand in meine... aber Anita schlief erst ein, nachdem sie zu mir ins Bett gekrochen war, wie ein Kind zu seinem Papa... ich spürte sehr wohl, daß der Zeitpunkt, wo ich ihrer Weiblichkeit mehr Aufmerksamkeit widmen dürfte, noch nicht gekommen war.

Am nächsten Morgen standen wir nicht früh auf. Anita erzählte mir mehr über sich, ihr „zuhause” und auch über ihr noch nicht sehr erfahrungsreiches Liebesleben, das sich bisher nur auf ein zärtliches „Doktorspielen” mit einem Klassenkameraden beschränkt hatte. Ich überredete sie dazu, ihren Eltern ein Lebenszeichen zu geben, auch wenn sie mir versicherte, daß sie unter keinen Umständen wieder zurück wollte. Tatsächlich ging sie telefonieren, und teilte mir dann mit, daß sie sich mit ihrem Bruder und ihrer Französischlehrerin verabredet hatte. Sie würden am nächsten Tag unseren Stand auf dem Weihnachtsmarkt besuchen.

Was an dem Tage unsere Arbeit betraf, so verlief er ohne besondere Ereignisse. Anita und ich, wir hatten auch nur Augen und Ohren füreinander. Der Verkauf lief nebenbei wie „von selbst”. Anita hatte ja auch das Talent, aus „fast nichts” einen der schönsten Stände auf dem ganzen Weihnachtsmarkt zu zaubern...

Am Abend, da es von nun an klar war, daß wir nicht zwei kleine Betten brauchten, sondern ein großes, da überließ ich ihr selbstverständlich den Umbau und beschränkte mich aufs Kochen. Und mein Vertrauen worde belohnt : Nach dem Abendessen empfing uns ein wahrhaftiges, wundervolles Liebesnest mit indischen Seidentüchern und intim schimmernden Lämpchen ; Rosenduft strömte aus einer anheimelnd flackernden dunkelroten runden Kerze... und aus den versteckten Lautsprechern tönte leise die zärtliche Musik von Angelo Branduardi. Woher wußte Anita denn nur, daß gerade er mein Lieblingssänger war ?

Wer nun glaubt, daß wir beide die wunderbare Stimmung dieses Abends durch etwas so tierisches wie einen Geschlechtsakt zerstören würden, der täuscht sich, und gewaltig ! Wir umarmten einander, wir liebkosten uns, und ganz allmählich legten wir unsere Kleider ab, bis wir beide - Stunden waren inzwischen vergangen - so dalagen, wie der liebe Gott uns geschaffen hatte. Anita betrachtete mich im intimen Halbdunkel, das sie so kunstvoll gezaubert hatte, und ich durfte zum ersten Male ihren makellosen weißen Körper in all seiner Schönheit bewundern. Ein Schaudern durchzog mich... sie sah wirklich aus wie eine Frau, eine wunderschöne Frau... aber sie fühlte sich noch nicht als Frau, das wußte ich von allem, was sie mir schon erzählt hatte. Und so verbrachten wir den Rest der Nacht in Streicheln, Umarmungen und... Träumen.

Am nächsten Tag begannen wir wie zuvor mit der Arbeit, und dann kamen unsere zwei „Besucher" an. Ich wollte den Stand nicht schließen, und fand es ohnehin besser, wenn Anita ihre Familienangelegenheiten selbst regelt. Sie wußte ja, daß sie sich auf mich verlassen konnte und ich ihre Entscheidung auch respektieren würde. Und damit die anderen ungestört diskutieren konnten, überließ ich ihnen die Wagenschlüssel und blieb allein am Stand zurück.

Abends kamen sie dann wieder, und Anita war bei ihrem Entschluß geblieben : Sie wollte mit mir zusammen bleiben und nicht wieder zu ihren Eltern zurück. Die Französischlehrerin bat mich mit einem vielsagenden Lächeln darum, mich weiter so gut um Anita zu kümmern. Und insbesondere sollten wir nicht einfach nur „aufpassen”, sondern auch im Falle des Falles „Verhüterli” benutzen. „Aber nein, meinte Anita, das machen wir eh noch nicht, es ist ja so unheimlich schön, zusammen zu sein und nicht gleich « alles » zu machen.” Wir mußten aber versprechen, an die „Verhüterli” zu denken, und das taten wir selbstverständlich...

Und schließlich fuhren die beiden beruhigt ab und ließen uns allein. Aber wir waren ja zu zweit, und so war keiner von uns mehr allein.

***

Bald war der Weihnachtsmarkt zu Ende, und wir packten unsere Siebensachen und machten uns auf die Reise. Ihr müßt wissen, daß man ja in diesem Beruf nur sehr selten länger an einem Ort verweilt. Eher ist es die Regel, jeden Tag woanders sein Zelt aufzuschlagen. Aber es war schon schön, daß wir nicht das Ende des Winters abwarten mußten, sondern Richtung Süden dem Sommer entgegenfahren konnten. Und unser Liebesnest hatten wir immer dabei. Verliebt waren wir, unheimlich, ineinander, und wir ließen keine Gelegenheit aus, wenn es nur der Fahrplan zuließ, an irgend einem schönen einsamen Plätzchen anzuhalten, zu kuscheln und Streicheleinheiten auszutauschen. Ich wurde mir darüber klar, wie sehr es mir zuvor gefehlt hatte, gestreichelt zu werden, und war glücklich über jede ihrer Berührungen. Und ich lernte Anitas bildhübschen Körper kennen, jeden Zentimeter ihrer Haut lieben, und erst selten, aber bald öfter spürte ich ein Beben, das ihren Körper durchzog, während ein leises Aufstöhnen davon zeugte, daß sie wohl gerade etwas unheimlich Schönes fühlen mußte, etwas, von dem nur eine Frau sagen kann, wie schön es wirklich ist...

***

Der Frühling ist gekommen, und wir gehen Hand in Hand durch die Straßen von Bordeaux. Es ist der 10. Mai, und an dem Tage haben wir „frei”. Da greift mich Anita unvermittelt am Arm und zieht mich in eine Apotheke. Dort verlangt sie - ich könnte in den Boden versinken - ganz unverblümt eine Packung... „Verhüterli”. Und plötzlich wird mir klar : Anita hat beschlossen, mir zu diesem meinem 32. Geburtstag... sich selbst zu schenken !

***

Wir haben den Wagen im Wald südlich von Bordeaux geparkt. Nicht einfach auf einem Parkplatz, nein, auf einem jahrelang unbenutzten Waldweg, den ich noch von früher kannte, und daher wußte ich, daß man dort hineinfahren konnte, auch wenn es von außen wie ein undurchdringliches Dickicht aussah. Dort fahren wir hinein, und bald ist von uns und unserem rollenden Liebesnest nichts mehr zu sehen. Wir machen einen langen Spaziergang in der frischen abendlichen Waldluft, Arm in Arm. Niemand kann uns sehen, niemand kann uns hören, nur der Uhu ruft in der Dämmerung, und ein aufkommender Windhauch rauscht leise durch die Baumwipfel. Dann ist alles still.

Wir kehren zum Wagen zurück. Heute essen wir nicht zu abend. Wir denken an gar nichts mehr. Nur zwei Lämpchen glimmen noch, während die Dunkelheit über uns hereinbricht. Engumschlungen liegen wir da, keiner wagt es, den Anfang zu machen. Doch dann beginne ich, Anita liebevoll zu streicheln, sie in meine Arme zu schließen und zu liebkosen. Bald tut Anita es mir nach...

Langsam verschwinden unsere Kleider. Scheinbar ist alles genauso wie schon oft zuvor, in den letzten Monaten. Und doch wissen wir, daß heute ein neues Zeitalter anbricht. Anita wird ihrer Kindheit Lebewohl sagen. Unter ihren kleinen festen Brüsten mit den frechen harten Spitzen spüre ich ihr Herz aufgeregt klopfen. Doch äußerlich ist sie noch ganz ruhig. Sie streichelt mich - eher etwas zurückhaltender als in den Wochen zuvor - aber auf einmal bemerke ich, daß sie ja mit der einen Hand ganz woanders ist...

Und dann hat sie das Päckchen aus der Apotheke ertastet. Sie nimmt ein Stück heraus, öffnet die Umhüllung und versucht, den Inhalt über meinen schon recht Aufgerichteten zu ziehen. Oh, wie dumm sie sich anstellt... aber ich lasse sie gewähren, denn unter diesen ungeschickten Bewegungen ihrer zärtlichen kleinen Finger spüre ich, wie sich mein bestes Stück binnen Sekunden voller Lust in ein glühendes Stahlrohr verwandelt, bis dann das „Verhüterli” an seinem Platz sitzt. Nun breitet Anita einladend ihre Beine aus...

Noch einmal denke ich, was wird jetzt geschehen ? Nichts wird mehr wie vorher sein. Dieses zauberhafte junge Mädchen war sechzehneinhalb Jahre lang ein Kind gewesen, muß dies nun vorbei sein ?

Ja, es muß so sein. Das Leben geht voran und kehrt nie zurück. Mit einem ebenso zärtlichen wie gebieterischen „Nun komm schon 'rein !” setzt Anita meinem Zögern ein Ende, und während ich noch für Sekundenbruchteile einen leichten Widerstand bemerke, glaube ich, daß auch Anita kurz einen Schmerz verspürt. Aber wird ihr dieser Schmerz noch bewußt ? Ich kann noch ein überraschtes, lustvolles „Oh, das fühlt sich ja ganz anders an !” vernehmen, bevor die Ekstase uns beiden jedes weitere Artikulieren unmöglich macht.

Wie lange diese wilde Berg- und Talfahrt durch die Gebirge der Gelüste dauerte, kann ich nicht sagen. Es war einfach einmalig, überwältigend, unbeschreiblich schön. Aber es war auch anstrengend... allmählich werden unsere Bewegungen langsamer, und schließlich dringt kaum hörbar ein erschöpftes „Ich kann nicht mehr” an mein Ohr.

So kommen unsere Körper zur Ruhe. Bis zum letzten Tropfen hat Anita mich dieses schönste aller Geschenke auskosten lassen. Dieser Geburtstag - diese Geburts-Nacht - wird für immer uns beiden gehören...

Und während eine neugeborene Frau namens Anita in meine schützenden Arme gehüllt sanft ins Land der Träume gleitet, spüre ich in einem nie gekannten Nach-Lust-Gefühl, wie mein Glied in der wohligen Wärme ihres wunderbar weichen Unterleibes langsam - sehr langsam - erschlafft.

***

Daß wir das eigentlich für den Vorabend vorgesehene Geburtstagsmahl am nächsten Morgen mit unbeschreiblichem Appetit verdrückten, na, das versteht sich doch von selbst, oder ? :-)



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Zuletzt bearbeitet am 27. Januar 2012
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